Mit ganzem Herzen bei der Sache: Interview mit Lastenia Guerrero

Lastenia Guerrero ist 57 Jahre alt und hat 3 Kinder

Lastenia Guerrero ist Sozialarbeiterin und arbeitet seit 2005 für den Amigos e.V. im Ernährungsprojekt. Bei ihrem Besuch im März hat Kirsten C. (langjähriges Amigos e.V. Mitglied) ein Interview mit ihr geführt und aus dem spanischen übersetzt.

Wie hat sich das Projekt für Sie entwickelt?

„Wir haben das Projekt mit einer Situationsanalyse  in der Gemeinde La Playa begonnen. Zuerst wurden die Kinder gewogen und ihre Körpergröße gemessen. Dabei haben wir festgestellt, dass sehr viele von Unterernährung betroffen sind. Wir haben dann das Projekt mit 45 Kindern im Mai vor 8 Jahren in dieser Gemeinde begonnen. Die Mütter hatten einen großen Bedarf an Unterstützung und wir entschieden also, hier zu beginnen. Unsere Zielegruppe waren 45 Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren. Das Projekt hat den Familien viel gegeben und hat für gesundheitliche Verbesserungen bei den Kindern gesorgt.

Was die Schulbildung betrifft, gab es große Rückstände bei den Kindern. Aber durch die Teilnahme am Projekt hat sich die Quote der Kinder, die in dieser Gemeinde zur Schule gehen, erhöht. Durch die Ernährung hat sich ihre Lernleistung verbessert. Das haben uns die Mütter so gesagt, das kommt nicht von uns. Bei unseren Besuchen von Haus zu Haus haben sie uns immer von dieser Entwicklung erzählt, wenn wir gefragt haben, ob sie eine Veränderung bei ihren Kindern festgestellt haben. Das haben sie tatsächlich und die meisten haben sich damit auf die Schule bezogen. Das Projekt hat vielen aber auch allgemein Verbesserungen gebracht; die Gegend hier um San Lucas ist extrem arm.“

Machen die Mütter gut mit und nehmen ihre Aufgaben wahr?

„Was die Teilnahme der Mütter am Projekt angeht war diese von Beginn an sehr gut. Die Koordination mit ihnen läuft gut, aber es gibt manchmal natürlich auch Schwierigkeiten aufgrund der Armut hier. Einige Mütter können Feuerholz als Beitrag zum Projekt kaufen, andere aber oft nicht und dann stehen wir ohne Holz da und wir können nicht kochen. Bei den Workshops gibt es immer eine sehr rege Teilnahme, sie kommen eigentlich immer alle. Auch zum Kochen kommen sie und erfüllen den Küchenplan.“

Was sind die größten Hindernisse in der Projektdurchführung?

„Schwierigkeiten haben wir mit den Überweisungen gehabt. Wir können nie pünktlich im Jahr beginnen, weil die Alcaldia (Bürgermeisteramt der Munizipalregierung) in San Lucas noch viele andere Projekt hat und viel am Jahresende abzurechnen hat. Sobald das nicht erledigt ist, dürfen die neuen Projekte nicht starten und wir kommen in Verzug obwohl wir alles rechtzeitig eingereicht haben. Die Mittel werden in einem zentralen System verwaltet und solange dort nicht alles eingearbeitet ist, zahlt man uns nichts aus. Erst wenn alle anderen Projekte in die Buchhaltung aufgenommen sind. Das ist schwierig, weil wir ja eigentlich dann wieder beginnen sollten wenn die Kinder wieder in die Schule gehen. Das wäre spätestens am 6. Februar. Deshalb macht Francis immer Pakete fertig, die an die Familien für den Januar verteilt werden. Jede Familie bekommt ein solches Pakte mit Nahrungsmitteln um den Monat zu kompensieren.
Eine weitere Schwierigkeit ist für uns der Transport der Lebensmittel von Somoto aus ins Projekt, insgesamt und wieviel wir laufen müssen bis zur Hauptstraße runter.“

Kann man sagen, dass Sie diese Arbeit vor allem aus Überzeugung machen?

„Ich arbeite unglaublich gerne mit Kindern und das seit 18 Jahren ungefähr. Ich habe damit über Inprhu (nicaraguanische Nichtregierungsorganisation mit der der Amigos e.V. früher zusammen gearbeitet hat) als „Promotora Social“ in der Stadtteilarbeit in Somoto angefangen. Ich habe in den schwierigsten Vierteln gearbeitet und es hat mir Spaß gemacht. Es war dafür wichtig, die Familien zu Hause zu besuchen und zu sehen, wie ihre Lebensumstände sind. Man muss die Probleme, die sie haben, verstehen. Selbst in meinem eigenen Stadtteil wusste ich vorher nicht, was einige Menschen dort für Schwierigkeiten haben. Das war nicht leicht für mich. Als ich angefangen habe, habe ich von Inprhu kein Gehalt bekommen. Nichts. Manchmal haben sie alle sechs Monate 300 Córdoba gegeben (heute knapp 10 US-$). Manchmal. Und ich musste monatlich einen Bericht schreiben. So wie andere Angestellte auch. Aber weil es mir so gut gefiel, habe ich einfach angefangen mit Straßenkindern zu arbeiten, Schuhputzern und anderen. Ich habe Weiterbildungen zu verschiedenen Themen besucht, um auch mehr mit den Familien zu arbeiten. Später habe ich dann einen monatlichen Betrag von 600 Córdoba bekommen, das war aber auch kein Gehalt, sondern immer noch freiwillige Arbeit. So ging das über 10 Jahre lang. Danach kam ich dann zum Ernährungsprojekt bei Inprhu, das vom Amigos e.V. finanziert wurde. Das ist jetzt 12 Jahre her als Francis (Projektleiterin seit 2002) im Mutterschutz war. Dafür bekam ich zunächst 50 US-$. Aber das war eigentlich nur eine Übergangsvertretung. Und als die vorherige Sozialarbeiterin Marthita dann in ein anderes Projekt versetzt wurde, bat man mir ihre Stelle an. Dafür habe ich dann einen Jahresplan erstellt und an die Amigos in Münster geschickt, die damit einverstanden waren. Und im Laufe der Zeit wurde mein Gehalt immer weiter erhöht bis heute.
Uns gefällt die Arbeit hier, wir besuchen die Familien zu Hause weil es gut ist. Ansonsten bastel ich mit den Kindern , bringe ihnen sticken bei oder wie man Piñatas macht. Allerdings fehlen manchmal Materialien und es ist aufwendig, kurzfristig Sachen zu besorgen, weil wir der Alcaldia immer erst Kostenvoranschläge vorlegen müssen, bevor sie uns einen Scheck für Extra-Ausgaben ausstellen.“

Aber im Allgemeinen sind Sie schon zufrieden mit der Munizipalverwaltung zusammen zu arbeiten?

„Ja, das sind wir. Viele Nichtregierungsorganisationen haben sich zurückgezogen weil die Regierung ihnen die Arbeit erschwert. Alles wird kontrolliert. Wir sind zufrieden, auch wenn sich die Auszahlungen manchmal verzögern, sogar die Gehälter oder manchmal das Transportgeld.“

Möchten Sie abschließend noch etwas anderes sagen?

„Also vielen Dank und vielen Dank an alle Freiwilligen, die hier herkommen. Wir merken dann immer, dass wir ein gemeinsames Interesse haben und wir sind dankbar dafür, dass man unseren Kindern in Nicaragua helfen möchte. Hoffentlich können Sie weiter ihr Sandkorn dazu beisteuern, damit wir hier vorwärts kommen. Wir hoffen, dass das Projekt noch wachsen kann und auch die Hobbygruppen weiterlaufen. Ich finde Handarbeiten und all das einfach toll. Diese Gruppen würden wir gerne stärken, auch damit sie in dieser Gemeinde eine positive Wirkung erzielen.“